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Das Westwerk

Farben des Mittelalters
Farbreste im Westwerk ermöglichten diese farbliche Darstellung

Über 300 Jahre verdeckten die Empore und die Orgel große Teile des Westwerkes.
Beide waren in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vor diesem Gebäudeteil errichtet worden, damit der immer zahlreicher werdenden Bevölkerung die Teilnahme am Gottesdienst ermöglicht werden konnte. Bis zur Jahrtausendwende wurde davon ausgegangen, dass die installierte Orgel ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammte und deshalb einen eigenen Denkmalschutz für sich in Anspruch nehmen könnte. Eine tiefgründige Recherche brachte aber ein anderes Ergebnis. Das installierte Instrument war erst 1906 in die Kirche eingebaut worden und nicht das Ursprüngliche. In der Zwischenzeit war es auch in einen unbespielbaren Zustand geraten und eine Sanierung hätte unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht.
Notwendige bauliche Sicherungsmaßnahmen für den Turm, der Einbau von mehreren Ankern, machten 2007 den Ausbau der Empore sowie der Orgel zwingend erforderlich.
Schritt für Schritt wurde das Westwerk in seiner Gesamtheit sichtbar. Der Zustand erschien hingegen weniger erfreulich. Aber jetzt waren erstmals wieder beide Fenster der Nonnenloge zu sehen. Zwischen beiden war nach Zeichnungen des 19. Jahrhunderts ein drittes Fenster. Bei näherer Betrachtung ist dieses "Fenster" ein breiter Schlitz, der sich bis zum Fußboden der ursprünglichen Einbauten des Turmes erstreckte. Mit Sicherheit war dieser im Mittelalter noch ausgestaltet. Er korrespondierte mit der Rosette über dem Westeingang und dem alten Hochaltar, dem Cyriakusaltar. Zur "Tag - Nacht - Gleiche" zum Frühlings- und zum Herbstanfang fiel der letzte Sonnenstahl kurz vor 18.00 Uhr auf den Altar. Unter diesem Gesichtspunkt wird auch deutlich, warum die Kirche nicht exakt nach Westen ausgerichtet wurde. Es liegt die Vermutung nahe, dass die dies kein Messfehler, sondern Absicht war. Aber nicht genug damit. Es wurden im Putz der Westwand noch Schichten mit Malerei festgestellt. Ganz oben stehen dabei die Farbreste, die direkt auf dem Stein festgestellt wurden. Sie sind zwangläufig als die Ältesten anzusehen. Es waren die Farben Anthrazit und Weiß eingeschlossen in einfachen Mustern. Die Art der Malerei ist aus spätbyzantinische-frühchristliche Zeit bekannt. Dies ist mehr als ein starker Hinweis, dass das Stift zu der Zeit Ludwig des Deutschen errichtet wurde. Außerdem eröffnete dies die Möglichkeit, die oben gezeigte Rekonstruktion des Westwerkes zu erarbeiten.