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Dem heutigen Besucher bietet sich das nebenstehende Bild des Chores der Froser Stiftskirche.
Kein Anzeichen einer Krypta! Worin liegen die Grundlagen für eine derartige Annahme?
Lexika oder andere Nachschlagewerke beschreiben eine Krypta als unterirdisch endender Gang. Sie diente
als Kapelle unter dem Chor oder teilweise als Begräbnisstätte.
Nur wenige Literaturquellen verweisen auf deren tatsächliche Funktion.
Im Kulturkreis des Abendlandes ist unter Krypta nichts anderes als eine Winterkirche zu verstehen.
Die Notwendigkeit eines solchen Bauwerkes ergab sich allein aus der Tatsache, dass die Kirchen in der Romanik nicht
beheizt wurden und der Gottesdienst sich über den gesamten Tag erstreckte.
Genannt werden sollen an dieser Stelle die sieben Tagesgebete, die als Chorgesänge verrichtet wurden,
und das Hochamt.
Veränderungen im kirchlichen Leben spiegelte der Kirchenbau mit dem Ende des 13. Jahrhunderts wider.
Der gotische Dom kannte keine Krypta!
Entsprechend dem Alter und der Stellung des Froser Stiftes muss also eine Krypta existiert haben.
Hieraus ergeben sich die Fragen:
- Wo befand sie sich,
- welche Ausmaße hatte sie,
- welche waren die Gründe ihrer Beseitigung und
- wann erfolgte diese
Die unterschiedlichen Auffassungen und Aussagen über Geschehnisse im Mittelalter waren und sind
sehr häufig dem "catholica non leguntur" geschuldet.
Dieser Ausspruch wurde im Laufe der Reformation geboren und hatte für große Teile der
Geschichtsschreibung Rechtscharakter. Die deutsche Übersetzung lautet schlicht und einfach
"Katholisches wird nicht gelesen".
Das Studium von möglich originalen Texten war und ist deshalb für erfolgreiche Arbeiten von hoher Bedeutung.
Das Rätsel um die ehemalige Existenz einer Krypta in der Froser Stiftskirche konnte im Sommer des Jahres
1996 beendet werden. Im Bereich des Chores traten zum wiederholten Male nasse Stellen hervor, die teilweise
bereits den Putz in Mitleidenschaft gezogen hatten. Zur Sanierung des Chorraumes wurde deshalb der Putz
entfernt. Hervor trat ein Verblendmauerwerk, dessen Abmaße die Rekonstruktion der Krypta von oben her gestattete.
Wie diese in sich gestaltet war, kann erst nach einer Grabung dokumentiert werden.
Als sicher erscheint danach die Darstellung, dass die Krypta bis zur Reformation existierte.
Hierfür gibt es eine Aussage des Historikers der Reformationszeit - A. Popperod - .
Dieser schrieb u. a., dass die Reliquien zu Erden bestattet wurden.
Weit verbreitet war deshalb die Annahme, dass der Partikel des hl. Cyriakus sowie die Reliquien der anderen Altäre
auf dem Friedhof beigesetzt worden sind.
Aufgrund der Aufzeichnungen von Fritz Maurer, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in und um der Froser
Stiftskirche Ausgrabungen vornahm sowie geoelektrische Messungen Ende der 80er Jahre kann die Aussage getroffen
werden, dass sich eine ca. 2m starke Schicht Mutterboden im gesamten Chorraum befindet.
Überliefert ist auch, dass der große schwere Altar, der nach 1890 in der Kirche geweiht wurde sich Anfang des
20. Jahrhundert senkte. Dies alles unterstützt die Vermutung, dass die Reliquien im Chor der Kirche bestattet worden sind.
Bei genauer Betrachtung greift sich die Erkenntnis bahn, dass es sich wohl nicht allein um die besagten Reliquien
handeln mag, die hier zu Erden bestattet worden sind.
Es liegt die Vermutung nahe, dass in der Krypta Persönlichkeiten des Stiftes möglicherweise sogar der Eigentümer
oder und deren Vasallen hier ihre letzte Ruhe fanden.
Das Herbeischaffen von 140m³ Mutterboden für eine "Handvoll" Reliquien steht ansonsten in keinem Verhältnis zu dem
betriebenen Aufwand.
Die vorliegende Rekonstruktion konnte aber nur durch die vorgefundenen Mauerstörungen, die Ergänzung der Stufen zum
Chor sowie deren Höhe und Einhaltung der liturgischen Regeln gelingen.